Seit der Vorlage des Klimaschutzpaketes durch die Bundesregierung vergangenen Freitag gibt es in der öffentlichen Diskussion laute Kritik an dem geplanten Maßnahmenbündel. Häufig gehörte Kritikpunkte bezeichnen das Paket wahlweise als zu langsam, zu teuer, zu mutlos, zu planwirtschaftlich, innovationsfeindlich oder als kleinster gemeinsamer Nenner. Dabei ist es eigentlich sogar noch schlimmer. Im Realitätscheck stellt man schnell fest, dass zahlreiche Maßnahmen im bunten Klimaschutzblumenstrauß nicht nur unzureichend, sondern sogar kontraproduktiv in die entgegengesetzte Richtung hin zu mehr Kohlenstoffdioxidausstoß steuern.
Wir wollen nachfolgend einige Beispiele der offensichtlichen Fehlsteuerung im Verkehrssektor geben, der die Zukunftsthemen Mobilität, Transport und Verkehr beinhaltet.
Unwirksame Steuerung: CO2– Preis und Kfz-Steuer
Der grundsätzlich richtige Ansatz einer CO2-Bepreisung wird konterkariert durch die homöopathische Dosierung und eine fehlende Mengenbegrenzung. Zunächst ist der Einstiegspreis von 10 Euro pro Tonne CO2 (und selbst dieser erst ab 2021) bei weitem zu niedrig, um spürbare Wirkung zu entfalten. Ziel einer CO2– Bepreisung ist es, in allen Wirtschafts- und Lebensbereichen und gerade auch im Verkehrssektor eine Lenkungswirkung hin zur Einsparung von CO2 zu erzielen. Insbesondere bei Unternehmen der Mobilitätsbranche (Automobil, Transport, Verkehr) soll die Bepreisung eine Lenkungswirkung bei Technologien, Innovationen und grundsätzlich allen Investitionsentscheidungen erzielen. Dies wäre allerdings erst ab einem CO2-Preis von ca. 35-40 Euro pro Tonne zu erwarten. Noch entscheidender ist, dass das vorgeschlagene Modell eines (langsam ansteigenden) Festpreises für CO2 wie eine Steuer wirkt, nicht wie ein Preis. Für eine marktwirtschaftliche Bepreisung mit Lenkungswirkung müsste die Gesamtmenge an CO2, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch ausgestoßen werden darf, konkret festgelegt werden. Die dadurch festgelegte Menge könnte dann gehandelt werden und es würde sich der marktwirtschaftlich faire Preis bilden, dessen Wirkungen ggf. über Preisunter- bzw. Preisobergrenzen abgefedert werden könnten. Das aktuell vorgeschlagene Modell ist davon und von der angestrebten Verhaltensänderung aller Akteure weit entfernt.
Ähnlich unwirksam ist die sog. CO2-bezogene Reform der Kfz-Steuer, die die Bemessungsgrundlage der Kfz-Steuer hauptsächlich auf die CO2-Emissionen pro km bezieht. Was gut klingt, ist nicht zu Ende gedacht. Eine höhere Steuer spart nämlich zunächst kein einziges Gramm CO2 ein. Entscheidend ist ja die Nutzung des jeweiligen Fahrzeugs. Mit anderen Worten: ein 2,5t schweres SUV, das nur zu Statuszwecken gekauft wird und wenig fährt, stößt weniger CO2 aus als ein sparsamer Kleinwagen, der aber hunderte von Kilometern jeden Tag, z.B. zum Pendeln gefahren, wird. Womit wir bei der Pendlerpauschale sind, der Mutter aller Fehlsteuerungen.
Kontraproduktive Steuerung: Pendlerpauschale
Bei der Pendlerpauschale ist nicht zuletzt durch ein Interview des Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck eine Diskussion entbrannt, in welchem Fall welcher Berufspendler welchen Betrag erhält. Nur wenn er Auto fährt oder auch wenn er Bahn fährt? Und bringt es auch der Krankenschwester etwas, die ohnehin immer nur pauschal in der Steuererklärung ihre Werbekostenerstattung beantragt? Bei diesen Randdiskussionen wird komplett vergessen, dass die Pendlerpauschale sowohl ökonomisch als auch ökologisch völlig falsche Anreize setzt. Hier wird Pendlern Geld dafür bezahlt, dass sie die Distanz zwischen ihrem Wohn- und Arbeitsort maximieren. Wer kann sich sowas ausdenken? Zum einen wird die Überlastung unserer Verkehrssysteme (Straßen, ÖPNV etc.) weiter gefördert und der volkswirtschaftliche Schaden von Zeitverlust im Stau ist schon heute immens. Zum anderen wird der Ausstoß von CO2 (z.B. durch Pendeln mit dem eigenen PKW) weiter belohnt und der Effekt der CO2-Bepreisung sogar überkompensiert. Sinnvoll wäre statt der Erhöhung die Abschaffung der Pendlerpauschale, um im Sinne einer intelligenten Nachfragesteuerung Anreize für weniger pendeln und kurze Strecken zu setzen. Auch wenn es viele nicht glauben, sowohl Arbeits- als auch Wohnort sind in unserer freien Gesellschaft frei wählbar.
Verschwendung von Steuergeld bei Aushebelung der Marktwirtschaft
Abschließend noch einige Beispiele für Maßnahmen aus dem Klimaschutzpaket, bei denen der Schaden für das Klima zumindest gering ist, dafür aber einfach Steuergelder verschwendet werden.
Der Bund wird in den nächsten zehn Jahren jeweils 1 Mrd. Euro an Eigenkapital für die Deutsche Bahn zur Verfügung stellen. Ziel ist die Modernisierung des Bahnsystems. Es wird nur leider vergessen, dass Bahnsystem ungleich Deutsche Bahn und der Staat kein guter Unternehmer ist. Es ist nur schwer nachzuvollziehen, wohin die Gelder genau fließen und es ist zu erwarten, dass die DB sich durch die Staatsspritze unlautere Vorteile gegenüber der privaten Konkurrenz verschaffen wird.
Die Etablierung von Modellprojekten für ÖPNV-Jahrestickets zu 365 Euro ist zwar gut gemeint, aber nicht wirklich hilfreich. Zum einen sind die meisten ÖPNV-Systeme in Deutschland zu Stoßzeiten ohnehin überlastet und es bräuchte zunächst mal einen Ausbau der öffentlichen Infrastruktur. Zum anderen sind ÖPNV-Systeme in Deutschland bereits heute massiv steuersubventioniert. Eine weitere Umverteilung der Lasten von den Nutzern zur Allgemeinheit ist nicht angebracht. Oder soll der gut verdienende Unternehmensberater ohne Auto in Berlin-Mitte sein ÖPNV-Ticket jetzt auch noch von der Allgemeinheit finanziert bekommen?
Zur Förderung des Automobilsektors und der gesamten Wertschöpfungskette der Elektromobilität in Deutschland und Europa, wird die Ansiedlung von Batteriezellfabriken mit 1 Mrd. Euro subventioniert. Erst kürzlich wurde die stark umstrittene Entscheidung für den Standort Münster gefällt. Ein ähnliches Unterfangen ist vor Jahren bereits bei der Subventionierung der deutschen Solarindustrie gescheitert, Milliarden an Steuergeldern waren weg. Wir haben die Analogien bereits an anderer Stelle diskutiert.
Es bleibt damit die Hoffnung auf das Monitoring. Die Fortschritte bei der CO2-Einsparung sollen jährlich genau ermittelt und durch einen externen Expertenrat validiert werden. Die bereits heute abzusehenden, notwendigen Anpassungen sollten im Interesse des Klimas besser früher als später erfolgen.